Mateusz Choróbskis (*1987) künstlerische Praxis basiert auf der inhaltlichen Verschiebung und Neudefinition architektonischer oder alltäglicher Fundstücke. So schimmert geschmolzenes Isolierglas alter Thermosflaschen als entblößtes bernsteinfarbenes Innenleben. Das vormals Versteckte kommt zum Vorschein und das Unorganische wirkt jetzt warm, biologisch und überraschend vertraut. Das grelle Licht einer Industrielampe bedingt neben Sichtbarkeit auch physische Beschränkung. Die körperhaft dargestellte Wärme- und Kälteübertragung eines zum Kühlschrank umgebauten Radiators minimiert die Distanz zwischen materiellen und immateriellen Eigenschaften. Ein gleichzeitiges “Sein” und “Nicht-Sein” wird gegenständlich manifestiert. Ein ständiger greifbarer Übergang.
Während Choróbskis Verschiebungen linear tragend verlaufen, eröffnet Marzena Nowaks (*1977) poetische Sprache einen zeitlichen Zugang und nimmt uns mit auf eine Reise in ihre Kindheit des vergangenen Polens. Einer Kindheit, die als gemeinsamer Nenner von jeder/m von uns “erlebt” wurde, und die doch an jedem Ort anders war. Auch wenn die Objekte jetzt als Kunstwerke ihrer Funktion entledigt sind, erinnert sich sowohl das individuelle als auch kollektive Gedächtnis an dessen emotionale Konnotation. Die Gefühle, die die Werke ausstrahlen, bleiben jedoch schwankend. Eine Melange aus Sentimentalität und Trauer. Diese Zeit ist vorbei und kommt nie wieder; bittersüß führt uns die Künstlerin vor Augen, wie vergänglich alles ist, wie schnelllebig und irdisch. Ein Potpourri aus vergessenen Orten und Materialitäten. Welche Geschichten können die Teppiche unserer Elternhäuser erzählen? Die Wolken über unseren Köpfen? Noch einmal Kind sein und die Unbeschwertheit genießen oder die Welt in den Schuhen anderer erleben. Einstweilen die Werke von Nowak nostalgisch stimmen, versprühen die Skulpturen von Katja Tönnissen (*1982) mit ihrer Explosion an Farbe und Form nur anfänglich pure und leichte Freude. Die unbefangene Ausführung und angedeutete Unfertigkeit zeugen aber auch von einer Anspielung dessen, was unterschwellig thematisiert wird. Fleischige Wasserbrunnen, skizzenhafte Flamingos, fröhlich apokalyptische und reduziert kitschige Szenarien, wie in der Installation Birds…, oszillieren zwischen Schlichtheit und Feinheit, Leichtigkeit und Kniffligkeit.
Dagegen wirken die Objekte von Thomas Musehold (*1982) wie ein Kuriositätenkabinett. Eine Wunderkammer an aufgespürten, gefundenen und festgehaltenen Raritäten. Ob eine reale Form als Vorlage für seine Harz- und 3D-Werke diente oder ob unter dem Lack ein tatsächlich auffindbares Etwas liegt, bleibt verborgen. Tatsache ist, es wird demontiert, rekonstruiert und nachgeformt. Am Ende wird noch majestätisch, Achtung gebietend auf von Musehold konzipierten Tischen präsentiert.
Die Besucher und Besucherinnen finden in jeder Arbeit autobiografische Noten und Gegensätzlichkeiten, die die Kuratorinnen von Curated Affairs, Kasia Lorenc und Angelika J. Trojnarski, faszinieren. Etwas ist, was es nicht war, etwas spielt vor, etwas gewesen zu sein. Eindeutig bleibt wenig. Klassisch sowieso nicht.